Die Ausstellung „Watergate" im Rahmen der Kooperation der OSTRALE mit der Europäischen Kulturhauptstadt Rijeka 2020 sollte ursprünglich vom 15. August bis zum 10. Oktober diesen Jahres vor Ort in Kroatien stattfinden.

Jedoch fordert die gegenwärtige weltweite Corona-Pandemie viele kulturelle Institutionen heraus, so auch unsere. Dank der großartigen Möglichkeiten, die das digitale Zeitalter bietet, sind wir stolz darauf, unsere internationalen Künstler und ihre wunderschönen Kunstwerke stattdessen hier auf unserer Website in Form einer Online-Ausstellung zu präsentieren.

„Watergate" - vom Wasser aufs Land, vom Land aufs Wasser, abhängig vom Wasser, das Tor zur Menschwerdung, als Tor der Besiedlung, der Migration die schon seit jeher stattfand und als Tor der Arbeit und der Zugänge des weltwirtschaftlichen Handels und deren globalen Herausforderungen, eingeschlossen der feministischen „WomanIsm" Bewegungen der Arbeit und Sozialisierung.

Für die Europäische Kulturhauptstadt Rijeka 2020 orientiert sich das Konzept der digitalen Ausstellung an unserem Leitgedanken der „Ismen" der OSTRALE Biennale O19. Diesen Leitgedanken setzen wir in Beziehung zu den Kernthemen von Rijeka 2020 - Arbeit, Migration und Wasser - „Watergate". Somit kann eine tiefgreifende Beziehung zwischen dem Anliegen der OSTRALE und der Identität von Rijeka hergestellt werden.

Kuratoren: Syowia Kyambi, Antka Hofmann, Toni Sant, Andrea Hilger

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(Videoarbeiten sind folgend mit Beschreibungen dargestellt.)

Austin Camilleri (*1972 / MT)

Bandiera Bianca I Film/Installation I Laufzeit: 03:07 min (loop) I 2018

Ausgehend von der westlichen Kunstgeschichte, der Populärkultur und den Traditionen des Machtbildes untersucht Austin Camilleri die Spannung zwischen dem Material und dem Digitalen, dem Persönlichen und dem Öffentlichen durch Schichttechniken und -modalitäten. Diese Arbeit geht auf eine langjährige Forschung über die Manifestation von Macht, die Grenzen und Zugeständnisse, die die Macht ausübt, und die Unfehlbarkeit ihrer dogmatischen Vorstellungen zurück. In einer für das Mittelmeer und die damit verbundenen diplomatischen Belastungen entscheidenden Zeit ist die „Bandiera Bianca" ein Werk, das metaphorisch sowohl das Warten als auch den Verlust erfasst. Sie stellt gefundenes und neu produziertes Material gegenüber, um visuell und poetisch Spannung zu erzeugen, indem sie gegensätzliche Assoziationen zusammenführt. Die Videoarbeit steht im ständigen Dialog mit dem skulpturalen Objekt „Hope", einem in 22 Karat vergoldetem Propeller. Es ist ein authentischer Propeller eines versunkenen Migrantenbootes.

Stef Fridael und Wim Vonk (*1957, *1950 / NL)

Babbelonië, a Metaphysical Installation (AIR) I Installation / 2018

Beim Studieren des Themas für das Artist-in-Residence-Programm der OSTRALE im Sommer 2018, haben sich Fridael und Vonk die folgende Fragen gestellt: „Was ist seit dem Eintritt der (sozialen) Medien in unserem Leben verschwunden? Was machen wir nicht mehr und was kommt nie wieder? Wie sieht unser Leben nach der Entwicklung der (sozialen) Medien aus? Wie sieht unser soziales Leben nach der Revolution der digitalen Medien aus?" Mit den Antworten auf diese Fragen gelangten sie zu einem installativen Kunstwerk, das am besten mit: „Die Registrierung von Versiegelungen von Analog zu Digital" beschrieben werden kann. Die Idee, zwei völlig unterschiedliche und einander unbekannte Künstler zu verbinden, um ein beeindruckendes Kunstwerk zu erschaffen, hat hier ihren Platz gefunden. Beiden Künstlern ist es hervorragend gelungen, sich im intellektuellen, emotionalen und künstlerischen Prozess zu finden.

Michael Heindl (*1988 / AT)

Budget Rebellion I Film I 2017

Der Ausgangspunkt von Heindls Arbeit ist die Auseinandersetzung mit der Beschaffenheit und den Parametern, die menschliches Handeln in der postmodernen Gesellschaft bestimmen. Der öffentliche Raum, stellt für ihn hierbei ein wichtiges Arbeitsumfeld dar: der physische urbane Raum ebenso, wie mediale und virtuelle Räume. Ihn interessieren diese Orte als Verhandlungsräume, an denen alle Teile einer Gesellschaft aufeinandertreffen. Es sind Umgebungen, wo Menschen kontinuierlich über die Art ihrer Koexistenz entscheiden müssen. Vorherrschende Gesetze und Strukturen, sollen die Entscheidungen des Einzelnen vereinfachen und berechenbar machen.
Der Künstler versucht, Momente zu erzeugen, die eine Unterbrechung konventioneller Abläufe zur Folge haben. Umgesetzt werden seine Ideen dabei meist in Form von gezielten Aktionen und Interventionen.

Studio Kawakeb (Hussein Nakhal, David Habchy, Christin Skaf) (LB)

sorry i drowned I Film/Installation I Laufzeit: 06:35 min (loop) I 2017

Die Welt hat für Millionen von Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Verzweiflung geflohen sind, katastrophal versagt. Die Kalkulation der Politik hat sich gegen moralische und rechtliche Verpflichtungen durchgesetzt, den Bedürftigen Schutz und Hilfe zu bieten. Wie eine ansteckende Krankheit verbreiten sich Mauern, Zäune und restriktive Grenzmaßnahmen, wuchernd, so dass Tausende von Menschen zu Lande oder auf See sterben. Der Animationsfilm, der vom Beiruter Studio Kawakeb und Médecins Sans Frontières (MSF) gedreht wurde, ist inspiriert von einem Brief, der angeblich am Körper eines Ertrunkenen im Mittelmeer gefunden wurde. Während wir vielleicht nicht wissen, wer den Brief geschrieben hat, wissen wir, dass das, was er darstellt, echt ist. Diese Realität kann so nicht weitergehen. Im Jahr 2016 wurden mehr als 20.000 Menschen durch den MSF gerettet.

Lesen Sie den Text des Gedichts hier

Carolin Koss (*1986 / DE, FI)

Growth (ENVIRONMENTALISM) I Film, Installation I Laufzeit: 11:38 min I 2015

Koss Arbeit zeichnet sich durch ihre subtile Neuinterpretation kunsthistorischer und zeitgenössischer kultureller Bezüge aus. Mit einem durchdringenden Blick untersucht die Künstlerin hochkomplexe Subjektivität; von der Mechanik der Menschheit und ökologischen, soziologischen Fragestellungen bis zu den menschlichen Zuständen und der Machtdynamik in der heutigen Gesellschaft. Ihre Werke erzeugen eine vielschichtige, lyrische, euphorische und doch nachdenkliche Energie, die weit über herkömmliche video- und digitalkünstlerische Arbeitsweisen hinausgeht und oft installativ präsentiert werden. (Art Productions, New York)

Hanna Nitsch (*1974 / DE)

meaning of aspects #1 (AIR) I Film, Installation I 2018

In dem Projekt „meaning of aspects #1" beschäftigt sich Hanna Nitsch mit Rollenbildern, fragmentierten Identitäten und körperlichen Wahrnehmungen in einer zunehmend digitalisierten Welt. Diese ist eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit der Frage nach einer Existenzberechtigung und der Möglichkeit, zugleich viele Menschen und doch keiner zu sein. Kreieren wir im Digitalen Identitäten, welche wir im Leben nie einlösen können?
Verlieren wir uns in den tausend Variationen vom eigenen Ich? Während des intensiven Arbeitsprozesses hat der Container seine anonyme Funktionalität verloren und sich in eine Projektionsfläche für individuelle Wünsche und Bedürfnisse verwandelt. Entstanden ist eine besondere Form von „digitalem Selbstbildnis", welches die künstlerische Existenz aber auch das fragile menschliche Leben im Allgemeinen befragt und dabei den Container als „Dritten Ort" einschließt.

Praxis für alternative Handlungen (Lucas Oertel & Heinz Schmöller) (*1983 / DE & *1975 DE)

Interventionen in der Peripherie I Installation I 2018

Diese Videoinstallation ist das Resultat mehrerer Begehungen in der stadtnahen Naturlandschaft. Dabei aufgespürte Orte wurden mit am Platz vorhandenen Materialien zu Objekten oder Installationen inszeniert. Im Ausstellungsraum sind auf beieinander aufgehängten Bildschirmen, sichtbar verbunden durch Kabel und bestückt mit Mediaplayern, einige der inszenierten Orte und Interventionen als bewegte, feststehende Bilder (Videoloops) zu sehen. Unterschiedliche Lichtsituationen und Naturklänge laden das Miteinander der Ansichten auf, die man wie durch Fenster aus einem technisierten Inneren beobachten kann.

Aleksandar Radan (*1988 / DE, RS)

this water gives back no images I Film, Installation I 2018

Häufig begegnet man in Radans Arbeiten stereotypen, vorprogrammierten Gesten digitaler Avatare, die zwischen Lebensechtheit und dem artifiziell Ungelenken changieren. Diese werden in Game-Moddings manipuliert und um ein improvisierendes Moment ergänzt: Radans Filme sind meist live gespielt in veränderten Computerspiel-Umgebungen, die der Künstler zuvor gezielt abgewandelt bzw. als sein „Bühnenbild" gestaltet hat. Durch Eingriffe in die Datenbanken der Spielesoftware ermöglicht das Game-Modding ein Umschreiben etwa der visuellen Oberflächentexturen oder des Sounds eines Spiels, das somit zum künstlerisch formbaren Material wird. In Radans experimentellen Kurzfilmen trifft das Programmierte auf das Improvisierte, die Voreinstellung wird mit den spontanen Aktionen des Künstlers – der zugleich der Spieler ist – in der virtuellen Umgebung konfrontiert.

Ulrike Schüchler (*1962 / DE)

OM(G)_2.0 I Installation I 2018

ANAFORA ist ein koptisches Klosterzentrum im nördlichen Wüstengebiet des islamisch-arabisch geprägten Ägyptens in der Nähe von Kairo. Terroranschläge gegen die koptische Minderheit kommen in der Region häufig vor. Trotz dieser gewalttätigen Übergriffe wird in ANAFORA ein Konzept der friedlichen Koexistenz und Toleranz gelebt. Täglich in der Morgendämmerung verweben sich die gesungenen, koptischen Liturgien mit dem uralten Ruf des Muezzins. Dieses akustische Nebeneinander lässt einen beeindruckenden Klangraum entstehen, an dem viele Besucher, Dorfbewohner und Mitarbeiter teilhaben. Die Videoinstallation OM(G)_2.0 greift das Verweben und Verschmelzen unterschiedlichster religiöser Rituale auf, und stellt sie in den Kontext von zunehmend kompromisslosen und gewaltbereiten Geisteshaltungen.

Adnan Softić (*1975 / BA, DE)

Bigger Than Life I Film I Laufzeit: 30:00 min I 2018

In Skopje entsteht nach Regierungsplänen für mehrere Hundert Millionen Euro ein nagelneues antikes Stadtzentrum, das Projekt „Skopje 2014". Etwa dreißig Regierungsgebäude, Museen sowie unzählige Monumente in klassischer Anmutung, die Skopje mit Rom und Athen in eine Reihe stellen, sind bislang in der mazedonischen Hauptstadt entstanden. Eine Stadt sucht ihre Zukunft in der Geschichte; erfindet sich als Nation von historischem Rang nach dem Modell einer Antike, die es so nie gegeben hat. Ist das etwas neues? Kaufen wir ihnen diese Geschichte ab?
In „Bigger Than Life" wird das Skopje der Gegenwart zur Ausgrabungsstätte, an der sich in Echtzeit mitverfolgen lässt, wie Geschichte gemacht, die Antike konstruiert, historische Einzigartigkeit durch Nachahmung hergestellt wird, und die Übergänge zwischen Wahrheit und Fälschung unscharf werden, sobald etwas nur oft genug auf Ansichtskarten festgehalten worden ist.